Veröffentlicht am 17. April 2021
Der Wolf - eine Gefahr für uns Menschen?
Im Jahr 1998 wurde das erste Mal nach der Ausrottung der Wölfe vor rund 150 Jahren wieder ein Wolfspaar gesichtet, das aus Polen eingewandert ist. Zwei Jahre später zieht dieses Paar das erste Mal Welpen auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz auf. Der Grundstein für die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland war gesetzt. Im Monitoringjahr 2019/20 lebten nun schon wieder 128 Rudel, 38 Wolfspaare, sowie neun sesshafte Einzelwölfe in Deutschland (Quelle: DBBW).
Immer wieder äußern sich Menschen, dass sie Angst vor Wölfen hätten oder Angst, dass ihren Kindern etwas passieren könnte, obwohl ihnen selbst noch nie ein Wolf in freier Wildbahn begegnet ist. Wenn wir allerdings mal auf die Fakten schauen, sollte das Thema schnell geklärt sein.
Seit 20 Jahren gab es keinen nachgewiesenen Wolfsangriff auf einen Menschen in Deutschland. Dafür werden aber jedes Jahr Wölfe illegal geschossen. Im Monitoringjahr 2019/20 wurden 11 illegal getötet Wölfe gefunden und bei 7 weiteren wurde nach einem Verkehrsunfall bei den Untersuchungen illegaler Beschuss festgestellt (Quelle: Bundesamt für Naturschutz). Die Dunkelziffer wird noch viel höher geschätzt.
Trotzdem hat mich das Thema in den letzten Jahren beschäftigt. Wäre es denkbar, dass ein Wolf einen Menschen angreift?
Natürlich kann von einem Raubtier immer eine Gefahr ausgehen. Aber meiner persönlichen Meinung nach geht eine viel größere Gefahr von Hunden aus, als von Wölfen. Doch wieso denke ich das? Ganz einfach: Hunde werden von uns erzogen oder auch verzogen. Außerdem übertragen wir Emotionen auf sie, das kann Freude sein, aber auch Aggressionen. Wildtiere dagegen kennen keine Aggression.
Trotzdem wollte ich die Tiere persönlich kennenlernen, um diese Frage noch besser beantworten zu können. Ich reiste also an die Westküste Kanadas, in den Great Bear Rainforest. Über 6 Wochen suchte ich nach ihnen ohne ein Zeichen, bis zum 05. August 2018.
Tagebucheintrag, 05. August 2018
Es ist 9:30 Uhr in der Früh, seit drei Tagen sitze ich ununterbrochen in meinem Versteck an einem wunderschönen Sandstrand. Mein Magen knurrt, es ist kalt und ich bin müde. Ich schaue ständig von links nach rechts und wieder nach links, doch nichts, kein Küstenwolf in Sicht. Um mich herum zwitschern Vögel, Seeadler und Eisvögel fliegen vorbei. Ich schaue den Wellen zu. Gerade kommt die Flut zurück und sie werden größer und größer. Mein Kopf dreht sich im Takt von links nach rechts und wieder nach links.
Und da war sie.
Eine wahre Schönheit. So elegant, so kraftvoll, so stolz und vor allem so friedlich, genau so sehe ich sie! Sie ist das Bild eines klassischen Küstenwolfs und der absolute Wahnsinn. Von der Farbe ihres Fells bis hin zu ihren langen Beinen und ihrem recht dünnen Körper sowie der spitzen Schnauze.
Sie steht am Wasser, genießt die ersten Sonnenstrahlen des Tages, schnuppert die frische Luft.
Mein Kameraauslöser rattert, doch sie schenkt mir keinen Blick. Ich fühle mich wie ein Geist, der durch ein Fenster schaut. Für sie scheine ich nicht zu existieren. Ich bekomme diesen exklusiven Einblick in ihr Leben, ohne sie dabei zu stören. Mein Herz rast, ich habe am ganzen Körper Gänsehaut, unglaubliche Freude durchströmt mich. Eine Begegnung wie ich sie mir nicht schöner hätte träumen können. Zwei Minuten steht sie am Wasser und genießt die Aussicht, bevor sie weiterzieht.
Tagebucheintrag, 06. August 2018
Heute Nacht habe ich besonders gut geschlafen. Eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang begann um 5:30 Uhr ein weiterer Tag des geduldigen Wartens. Mein Kopf dreht sich wieder im Takt von rechts nach links und wieder nach rechts. Plötzlich wird es ruhig, ich spüre etwas, ich drehe mich vorsichtig um und sehe sie.
Eine andere, viel hellere Küstenwölfin. Sie sucht am Strand nach Essbarem. Mein Finger klebt förmlich auf dem Auslöser. Dann registriere ich, dass sie sich nähert. Plötzlich ist sie nur noch rund acht Meter von mir entfernt. Sie scheint mir keinen Blick zu schenken und zieht ihr „Wolfding“ durch. Doch sie weiß, dass ich da bin, und ist neugierig. Zaghaft kommt sie näher. Plötzlich ist sie nur noch drei Meter von mir entfernt. Ich zücke meine Actionkamera und fange an mit ihr zusprechen, doch sie kümmert das wenig. Als ob es das normalste auf der
Welt sei. Mein Herz hingegen schlägt wie bei einem Marathon, nicht weil ich Angst habe, im Gegenteil. Noch nie habe ich von einer so engen Begegnung gehört. Ich freue mich unglaublich und genieße diesen Moment, der nur wenige Sekunden andauert bis sie wieder ihrer Nase folgt.
Ich hingegen sitze weiter in meinem Unterschlupf, schüttle den Kopf, fühle meinen Herzschlag und die Gänsehaut. Ich habe das Gefühl, dass ich der eine unter Millionen Menschen bin, der so eine intime Erfahrung mit einer wilden Küstenwölfin haben durfte.
Ein Dreivierteljahr später besuchte ich noch einmals meine Küstenwölfe. Eine der Begegnung kannst du dir HIER auf YouTube anschauen.
Jetzt gibt es aber natürlich auch Krankheiten die Tiere und ihr Verhalten beeinflussen können. Die bekannteste ist wohl die Tollwut. Wenn Wildtiere mit Tollwut infiziert sind verlieren sie oft die Scheu vor dem Menschen.
Allerdings ist die terrestrische Tollwut (Tollwut bei Tieren die nicht fliegen können) seit dem Jahr 2008 in Deutschland ausgerottet. Diese Gefahr besteht also nicht.
Eine andere Krankheit mit der Wölfe aber auch andere Tiere wie z.B. Füchse zu kämpfen haben ist die Räude. Räude ist eine Milbenerkrankung. Räudemilben sind winzig kleine Spinnentiere die auf und in der Obersten Hautschicht von den infizierten Tieren leben.
Einen Jährlings Wolf mit Räude konnte ich während meiner Zeit unter den Wölfen in Deutschland selbst von ganz nah beobachten. Das Tier kämpfte zu diesem Zeitpunkt schon seit über 6 Monaten gegen die Milben.
Als ich ihn fotografierte, entdeckte er eine Bewegung von mir und schaute direkt in meine Kamera, ohne zu wissen wer dahinter sitzt, da ich natürlich gut getarnt war. Als er dort für über eine Minute stand schaute ich ihm durch meine Kamera tief in die Augen. Er war total emotionslos, oder besser ausgedrückt, total entspannt. Eines seiner Ohren hing, vermutlich durch die starke psychische Belastung durch das ständige jucken. Ein paar Monate später stand das Ohr wieder.
Als ich ihn so beobachtet war ich den tränen nah, noch nie hatte ich ein so gequältes Tier gesehen.
Es brach mir das Herz zu wissen, dass ich rein garnichts für ihn tun kann. Durch den extremen Juckreiz kratzen die Infizieren Tiere sich sehr häufig, teils so stark, das sie ihr Fell verlieren und teilweise sogar Bluten.
Es gibt Menschen, die behaupten, man sollte Tiere die so leiden von ihrem leiden doch "befreien". Aber hätte dieser Wolf aufgegeben, währe er schon längst gestorben, da bin ich mir sicher. Im Gegenteil, er ist ein Kämpfer und möchte weiter leben! Zu lange hat er gegen diese Krankheit angekämpft, als würde er jetzt einfach aufgeben.
Ich habe 12 Wölfe, die zwei verschiedenen Unterarten angehören, in freier Wildbahn fotografiert, einmal unsere Europäischen Grauwölfe, und die Küstenwölfe Kanadas. Ich bin diesen Tieren näher gekommen als kaum einer sonst. Keiner dieser Wölfe die ich beobachten konnte hat nur die leichtesten Anzeichen von aggresion oder angriffslust gezeigt, nicht einmal der arme Wolf der unter Räude litt.
Deshalb behaupte ich mit all meiner Erfahrung, dass die Wahrscheinlichkeit das ein Wolf ein Kind oder einen Erwachsen Menschen in Deutschland angreift nahezu ausgeschlossen ist!! Ebenso ist die Wahrscheinlichkeit, dass du einem Wolf selbst in einem Wolfsgebiet begegnest sehr gering!
Wichtig ist aber natürlich, dass man sich wilden Wölfen, sowie auch fremden Hunden gegenüber richtig verhält. Wie auch bei fremden Hunden ist die oberste Regel bei wilden Wölfen die selbe, man streichelt sie nicht. Bei Wölfen ist das natürlich deutlich einfacher einzuhalten. Auch darfst du ihn unter keinen Umständen füttern! Das kann massive Folgen haben.
Außerdem näher man sich ihnen nicht! Durch das nähern können die Tiere sich bedroht fühlen und aus Angst handeln. Wenn sich doch mal ein Wolf einem Menschen nähert, sind das oft die Jährlinge (einjährigen Wölfe). Sie sind noch neugierig und verspielt. Trotzdem muss man diesen Wölfen klar machen, dass es nicht in unserem interesse ist, dass sie sich uns nähern. Deshalb ist es wichtig, einen sich nähernden Wolf mit bestimmter Stimme anzusprechen, und ihm klar zu machen, dass das falsch ist. Das kommt aber sehr selten vor. Wenn das nicht hilft mach dich groß und wirke selbstbewusst. Renne unter keinen Umständen weg, denn das ist der Wolf von Beutetieren gewöhnt. Sein Jagdinstinkt könnte einsetzen.
Ebenso solltest du deine Kinder nicht alleine im Wald spielen lassen. Ob dies nun wegen dem Wolf ist, oder wegen den 83 Millionen Menschen die mit dir in Deutschland leben, sei dahin gestellt ;-)
Mehr zum Verhalten gegenüber Wölfen findest du beim Bundesministerium für Umwelt.
Ich hoffe ich konnte dir mit meinen Erfahrungen mehr Klarheit zum Thema Wolf verschaffen und dir zeigen, was für wunderbare einzigartige Tiere sie sind. Einen weiteren Artikel von mir zum Wolf im Bezug auf Herdenschutz, findest du HIER.
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